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Rundbrief 2/2000
November 2000
Artikel 1

"Stahlhelm" in Rheinland-Pfalz

Der "Stahlhelm"-Landesverband Rheinland-Pfalz zeigte im Januar vor der Kamera eines ZDF-Teams sein wahres Gesicht: die braune Truppe treibt keinesfalls, wie es Verfassungsschützer und Polizei so gern verkünden, abgeschirmt von anderen Nationalen ihr Unwesen.


Zur Reichsgründungsfeier lud Landesführer Hans-Jürgen Hertlein ins frisch renovierte "Haus der Bewegung" des Stahlhelm im Dreikönigszug bei Mühlbach/Altenglan zum Vortrag mit dem Ex-MAD-Beamten und "Hetendorf"-Spezi Wolfgang Juchem, ein. Die Veranstaltung wurde erstmalig über das "Nationale Info-Telefon" der militanten "Kameradschaft Karlsruhe" angekündigt.

Die zwei Beamten der Polizei in Kusel, die gemeinsam mit den JournalistInnen die ankommenden Gäste aus der Pfalz und Baden-Württemberg beobachteten, waren erstaunt, als Hertlein über 50 jüngere und ältere Personen empfing.

Gäste in Uniform und mit auffälligem Äußeren sprangen schnell, verborgen hinter einer hohen Hecke, direkt aus dem Wagen ins Haus. Dabei gab es schon im Herbst einen Vortrag mit dem Rechtsextremisten Otto Riehs, bei dem der Erlebnisbericht des "Ritterkreuzträgers" unter dem Motto "10 Panzer in 20 Minuten" gefeiert wurde.

Aufgescheucht von Presseberichten und politischen Forderungen aus Niedersachsen ermittelt die Staatsanwaltschaft in Kaiserslautern gegen den "Stahlhelm-Kampfbund für Europa" und hat jüngst Anklage gegen drei Mitglieder wegen verbotenen Uniformtragens erhoben.

Hinweise auf rege Umtriebe des "Stahlhelm" gab es aber mindestens, seitdem die Militär- und Waffenfans das versteckte Haus am Potzberg mit finanzieller Hilfe des ehemaligen Kripobeamten Heinz Glinz für ca. 250.000 Mark erworben hatten. Denn seitdem treffen sich dort nicht nur Glatzen und Uniformierte zu Renovierungsarbeiten und Wehrsportübungen im Wald, sondern auch Mitglieder der rassistischen "Artgemeinschaft" des Hamburger Nazis Jürgen Rieger. Nach Polizeiangaben soll auch die heidnische Versandbuchhändlerin Edda Schmidt beteiligt sein.

Der rechte Teil des "Stahlhelm"-Hauses gehört Elfrun von Hein, Gattin eines reichen Immobilienhändlers aus der Pfalz und Mitglied im Armanen-Orden, zuständig für den 1996 gegründeten "Halga-dom-Kreis".

"Stahlhelm"-Chef Hertlein war auch Landesführer der pfälzischen "Gefährtschaft" der "Artgemeinschaft". Er soll, nach Angaben von Insidern, aber auch Treffen der "ANSE - Arbeitsgemeinschaft Naturreligiöser Stammesverbände Europas" veranstaltet haben und "Armane" sein.



Zum harten Kern um Hertlein gehören vor allem:

- Stahlhelm-Führer Michael Heß, ehemaliger Gefolgsmann von Ernst Tag und Ex-JN-Funktionär;

- Josef Maria Sutter, Waffenbastler und Tattooshop-Betreiber aus der Nähe von Weiterbach, der 1995 an Stefan Michael Bar ("Anti-Antifa Saarpfalz") und seine Kameraden eine arabische Maschinenpistole für 600 Mark verkaufte. Mit dieser Waffe wurde später auf einen türkischen Döner-Laden geschossen.
Sutter lernte die Neonazis aus Neustadt an der Weinstraße durch seinen Tattoo-Laden kennen. Obwohl die Kripo Kaiserslautern bei ihm mehrer vollautomatische Waffen, tausende Schuss Munition und eine Mine beschlagnahmte und Sutter "Vorstrafen quer durch das Gesetzbuch" hat, wurde er nicht festgenommen. Seine Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.

- Heinrich Ide aus Weiterbach, gehörte 24 Jahre zum Wachpersonal des US-Flughafens Ramstein, auch bei ihm wurde eine Maschinenpistole gefunden. Ide ist Frank-Rennicke-Fan, seine Wohnung ist ein einziger Hort von SS- und NS-Devotionalien. Seine beiden Katzen tragen die Namen germanischcr Götter.

- Hans Bierwirth und Gerhard Orschel sind Hertlein treu ergeben. Orschel schmiedet in seiner Freizeit Runen für die Kameraden.



Die meisten der "Stahlhelm"-Mitglieder haben Kontakt zur NPD oder zu den "Republikanern". Wie ein ehemaliges langjähriges "Stahlhelm" Mitglied dem ZDF-Magazin Kennzeichen-D berichtete, sollen viele in der Truppe eine Maschinenpistole besitzen.

Die Hausdurchsuchengen der Polizei bei "Stahlhelm"-Mitgliedern 1997 und 1998 fanden im Abstand von drei Monaten statt; Zeit genug um die Waffen aus dem Weg zu schaffen. Das räumt auch die Staatsanwaltschaft Kaiserslautern inzwischen ein.

Waffen spielen eine große Rolle beim "Stahlhelm", auch wenn Hans-Jürgen Hertlein immer wieder auf die Bezeichnung "Militärhistorischer Verein" verweist.

Der ehemalige Landesführer des "Stahlhelm"-Landesverband Saarland, Wolfgang Fritschi verbüßt eine lebenslange Haftstrafe, weil er 1996 seine ehemalige Lebensgefährtin mit einer großkalibrigen Waffe auf offener Straße hingerichtet hatte.

Zum "Stahlhelm"-Pfalz gehören auch der ehemalige Leiter einer Zollamtsstelle in Kaiserslautern, Paul Schilling und der Rechtsanwalt Armin Stenger.

Peter Morawski aus Limbach, genannt "Nazi-Peter" ist Mitglied beim "Stahlhelm"-Landesverband Saarland. Auf seinem Grundstück, getarnt hinter großen Bienenstökken, sollen weitere Treffen der braunen Militaristen stattfinden.

Obwohl der Ortsverband des "Stahlhelm" in Bad Bergzabern bereits 1966 vom rheinland-pfälzischen Innenministerium verboten wurde und auch der jetzige Ministerpräsident Kurt Beck sich noch als Abgeordneter 1979 gegen das Treiben der braunen Truppe in seinem Wahlkreis eingesetzt hatten, konnten Hertlein und Kameraden ungestört junge Mitglieder werben.

Das Haus am Potzberg gerät immer mehr als mögliches neues Nazi-Zentrum in die Schlagzeilen. In der Silvesternacht 1998 ballerten Mitglieder wild auf ein Autowrack; jüngere Mitglieder treiben nach Polizeiangaben Wehrsport und wenn Sonnwendfeiern oder andere gesellige Veranstaltungen anstehen, stehen nach Angaben von Anwohnern Wachen vor dem Haus. Besonderes Interesse soll es auch für die verschütteten Stolleneingänge eines stillgelegten Bergwerkes gleich neben dem "Haus der Bewegung" gegeben haben.

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