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Kaiserslautern in der Zeit des Nationalsozialismus
Spurensuche auf dem Waldfriedhof Kaiserslautern


Der Jüdische Friedhof

Jüdischer Friedhof
Geschichte des Jüdischen Friedhofes
Seit ihrer Neuentstehung hatte die jüdische Gemeinde Kaiserslauterns im Stadtbereich zunächst keinen eigenen Friedhof. Die Kultusgemeinde bildete mit den Gemeinden Otterberg, Mehlingen und Frankenstein eine "Friedhofsgesellschaft". Der Friedhof lag bei Mehlingen und ist noch heute vorhanden. Bei Beerdigungen fuhren die Kaiserslauterer Juden den Sarg bis zu einem Holzhof in der Mannheimerstraße und hielten hier die Zeremonien ab. Dann wurde der Tote zum Friedhof nach Mehlingen verbracht. Aus sanitären Gründen schenkte die Stadtverwaltung den Juden einen geeigneten Platz am "Kahlenberg" zu Bestattungszwecken, der auch gleich in Benutzung genommen wurde.
Mit Genehmigung der jüdischen Gemeinde wurde daneben im August 1870 ein Kriegerfriedhof für die im Lazarett verstorbenen Verwundeten angelegt, zumal der christliche Friedhof (am Stadtrand gelegen) wegen des geplanten Baus der Nordbahn nicht mehr erweiterungsfähig war. Als dieser dann geschlossen wurde, wurde westlich des Judenfriedhofs der neue christliche Friedhof angelegt, der schon um 1885 erweitert werden mußte. Die jüdische Kultusgemeinde gestattete nun, daß der allgemeine Friedhof den jüdischen Begräbnisplatz auf allen Seiten umschließen dürfe, nur müsse letzterer gegen Osten erweiterungsfähig bleiben.

Am 10. November 1938, der Reichspogromnacht, und auch später fand keine Demolierung der Grabsteine auf dem Judenfriedhof statt, denn daran hätten sich die Besucher des christlichen Friedhofs wohl aus verschiedenen Motiven gestört. Trotzdem wollte die damalige Stadtverwaltung den Friedhof beseitigen lassen. Man verhandelte mit einer "Abwicklungsstelle für jüdische Vermögen". Diese wollte Grabsteine des Friedhofs an die Stadtverwaltung oder an Interessenten verkaufen. Die Verschlechterung der Kriegslage ließ diese Verhandlung nicht zu einem Ergebnis kommen, weswegen der Friedhof bis in die heutige Zeit erhalten blieb und noch benutzt wird.

Verfolgung und Ermordung Kaiserslauterer Juden
1990 übergaben Roland Paul und Bernhard Gerlach dem Oberbürgermeister eine Liste von 144 ehemaligen Bürgerinnen und Bürgern aus der Stadt Kaiserslautern, die aufgrund ihrer jüdischen Herkunft oder ihres jüdischen Glaubens während der Zeit des Faschismus ermordet oder auf andere Art und Weise umgekommen sind. 1933 lebten in Kaiserslautern 648 jüdische Bürger und Bürgerinnen.
Jüdischer Friedhof
Die Verfolgung der Juden begann schon vor der Reichspogromnacht, die im November 1938 stattfand. 1933 hatten SA-Abteilungen die zeitweilige Schließung von jüdischen Geschäften erzwungen. An beiden großen Kaufhäusern in Kaiserslautern, dem Schweriner und dem Wohlwert wurden die Fensterscheiben zertrümmert. In der Eisenbahnstraße zogen SA-Posten mit Schildern "Kauft nicht bei Juden" vor die jüdischen Geschäfte. Es lag in Kaiserslautern bereits 1933 ein gedrucktes Verzeichnis der in Kaiserslautern ansässigen "nichtarischen" Geschäfte, Ärzte und Rechtsanwälte vor (180 Namen). Wegen angeblicher Sabotage dieser "Boykottbewegung" wurde der der bayrischen Volkspartei angehörende Oberstudienrat Michael Beinzer denunziert, da er mit seinen Schülern die Zigarrenfabrik Felsenthal in Kaiserslautern besichtigt hatte.

1940 wurden in der nach dem Gauleitern Bürkel und Wagner benannten Aktion, 49 Juden aus Kaiserslautern nach Gurs (Pyrenäen) deportiert, von denen nur 18 das Jahr 1945 erlebten. Die anderen starben oder wurden in Gurs oder Auschwitz oder in anderen Vernichtungslagern ermordet. In Kaiserslautern waren 49 Personen für die Abschiebung vorgesehen. Nachweislich wurden 45 (eventuell auch 46) Menschen aus Kaiserslautern verschleppt: 22 (23) Frauen im Alter zwischen 28 und 79 Jahren, 15 Männer im Alter von 37 bis 85 Jahren und 8 Kinder zwischen einem Jahr und 11 Jahren. Das 16 Monate alte Mädchen Ruth Herze war die Jüngste, Ältester der 85-jährige Medizinalrat Dr. Moritz Kühn. Eine 17-jährige, die für die Deportation vorgesehen war, wurde noch Tags zuvor gewarnt, konnte flüchten und sich verstecken. Viele Lauterer Juden hatten damals schon nicht mehr in ihren alten Wohnungen gelebt, sondern waren in ghettoartige Häuser eingewiesen worden, so in der Gaustr. 3, Steinstr. 30, Klosterstr. 21 und 26.

Die Deportationen vom 22. Oktober 1940
Am Morgen des 22. Oktober 1940 erschienen Polizeibeamte in den Wohnungen der meisten der noch hier lebenden Juden und eröffneten ihnen, daß sie binnen zweier Stunden zum Abtransport reisebereit sein müßten. Noch am gleichen Tag begann für die Festgenommenen eine entbehrungsreiche, vier Tage und drei Nächte dauernde Fahrt ins Ungewisse. Am Rande der Pyrenäen wurden die Deportierten auf Lastwagen "verladen" und in das in der Nähe gelegene Lager Gurs gebracht. Dieses Lager, das 1939 für und durch Flüchtlinge des spanischen Bürgerkrieges errichtet worden war, war auf die Ankunft der über 6000 Menschen aus Baden, der Pfalz und dem Saarland nicht vorbereitet. Tausende von in Frankreich und Belgien Internierten lebten seit Beginn des Jahres 1940 bereits in Gurs, unter ihnen auch viele Pfälzer, die zwischen 1933 und 1939 in diesen Ländern ein Exil gesucht hatten. Unterbringung und Verpflegung waren katastrophal, so daß viele der überwiegend älteren Lagerinsassen bald in Folge dieser Bedingungen und mangelnder ärztlicher Versorgung sterben mußten. Von den Lauterern starb als erster Adolf Stern am 18. November 1940. Dr. Moritz Kühn starb sechs Wochen nach der Deportation in Gurs. Wenige Tage später wurde auch die 7-jährige Hannelore Herze zu Grabe getragen. Fünf der aus Kaiserslautern Verschleppten fanden 1941/42 in Gurs den Tod: Flora Bender, Jakob Herze, Alex Preis, Gustav Simon und Regine Stern, die Witwe Adolf Sterns. In Noe starben 1943 weitere Lauterer: der 77-jährige Leopold Roelen und innerhalb vier Wochen die Eheleute Hugo und Johanna Herze. In den weiteren Lagern sind damals Olga Schwarz, Ida Blum, Sarah Schwarzschild und Adolf Hanau gestorben.
Grabsteininschriften auf dem jüdischen Friedhof Grabsteininschriften auf dem jüdischen Friedhof
Grabsteininschriften auf dem jüdischen Friedhof

Elf der 1940 aus Kaiserslautern deportierten Juden wurden im Sommer 1942 zusammen mit vielen Tausenden über das Lager Drancy bei Paris in den Osten, vor allem nach Auschwitz, verschleppt. Außer Luise Schwarzschild und ihren beiden Töchtern Hannelore und Margot hat wohl keiner der betroffenen Lauterer die Gaskammern der Konzentrationslager überlebt: Willi Bender, Else Hene, Emil Hene, Ernst Heimann, Richard Kohlmann, Else Kohlmann, Maria Kühn, Hermine (Sarah) Lacher, Betty Weis und Richard Schwarzschild.

Ein weiteres Beispiel ist Dr. Robert Tuteur. Etwa 50 jüdische Männer wurden am Nachmittag des 10. November 1938, begleitet von einer johlenden Menge, in das Gebäude des Roten Kreuzes (Augustastraße ehemaliges Haus der Sanitätskolonne) gebracht. Sie mußten hier übernachten und wurden dann über Ludwigshafen in das Konzentrationslager Dachau eingeliefert. Angesichts der menschenunwürdigen Behandlung in Dachau hat sich dort am 1.12.1938 der Kaiserslauterer Dr. Tuteur das Leben genommen.


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