Der "Stahlhelm" in Rheinland-Pfalz
Der "Stahlhelm"-Landesverband Rheinland-Pfalz zeigte im Januar vor
der Kamera eines ZDF-Teams sein wahres Gesicht: die braune Truppe treibt
keinesfalls, wie es Verfassungsschützer und Polizei so gern verkünden,
abgeschirmt von anderen Nationalen ihr Unwesen.
Zur Reichsgründungsfeier lud Landesführer Hans-Jürgen Hertlein ins frisch
renovierte "Haus der Bewegung" des Stahlhelm im Dreikönigszug bei
Mühlbach/Altenglan zum Vortrag mit dem Ex-MAD-Beamten und "Hetendorf"-Spezi
Wolfgang Juchem, ein. Die Veranstaltung wurde erstmalig über das "Nationale
Info-Telefon" der militanten "Kameradschaft Karlsruhe" angekündigt.
Die zwei Beamten der Polizei in Kusel, die gemeinsam mit den JournalistInnen die
ankommenden Gäste aus der Pfalz und Baden-Württemberg beobachteten, waren
erstaunt, als Hertlein über 50 jüngere und ältere Personen empfing.
Gäste in Uniform und mit auffälligem Äußeren sprangen schnell, verborgen hinter
einer hohen Hecke, direkt aus dem Wagen ins Haus. Dabei gab es schon im Herbst
einen Vortrag mit dem Rechtsextremisten Otto Riehs, bei dem der
Erlebnisbericht des "Ritterkreuzträgers" unter dem Motto
"10 Panzer in 20 Minuten" gefeiert wurde.
Aufgescheucht von Presseberichten und politischen Forderungen aus Niedersachsen
ermittelt die Staatsanwaltschaft in Kaiserslautern gegen den
"Stahlhelm-Kampfbund für Europa" und hat jüngst Anklage gegen drei
Mitglieder wegen verbotenen Uniformtragens erhoben.
Hinweise auf rege Umtriebe des "Stahlhelm" gab es aber mindestens,
seitdem die Militär- und Waffenfans das versteckte Haus am Potzberg mit
finanzieller Hilfe des ehemaligen Kripobeamten Heinz Glinz für ca.
250.000 Mark erworben hatten. Denn seitdem treffen sich dort nicht nur Glatzen
und Uniformierte zu Renovierungsarbeiten und Wehrsportübungen im Wald, sondern
auch Mitglieder der rassistischen "Artgemeinschaft" des Hamburger
Nazis Jürgen Rieger. Nach Polizeiangaben soll auch die heidnische
Versandbuchhändlerin Edda Schmidt beteiligt sein.
Der rechte Teil des "Stahlhelm"-Hauses gehört Elfrun von Hein,
Gattin eines reichen Immobilienhändlers aus der Pfalz und Mitglied im
Armanen-Orden, zuständig für den 1996 gegründeten "Halga-dom-Kreis".
"Stahlhelm"-Chef Hertlein war auch Landesführer der pfälzischen
"Gefährtschaft" der "Artgemeinschaft". Er soll, nach Angaben
von Insidern, aber auch Treffen der "ANSE - Arbeitsgemeinschaft
Naturreligiöser Stammesverbände Europas" veranstaltet haben und
"Armane" sein.
Zum harten Kern um Hertlein gehören vor allem:
- Stahlhelm-Führer Michael Heß, ehemaliger Gefolgsmann von Ernst Tag und
Ex-JN-Funktionär;
- Josef Maria Sutter, Waffenbastler und Tattooshop-Betreiber aus der Nähe
von Weiterbach, der 1995 an Stefan Michael Bar ("Anti-Antifa Saarpfalz")
und seine Kameraden eine arabische Maschinenpistole für 600 Mark verkaufte. Mit
dieser Waffe wurde später auf einen türkischen Döner-Laden geschossen.
Sutter lernte die Neonazis aus Neustadt an der Weinstraße durch seinen
Tattoo-Laden kennen. Obwohl die Kripo Kaiserslautern bei ihm mehrer
vollautomatische Waffen, tausende Schuss Munition und eine Mine beschlagnahmte
und Sutter "Vorstrafen quer durch das Gesetzbuch" hat, wurde er nicht
festgenommen. Seine Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.
- Heinrich Ide aus Weiterbach, gehörte 24 Jahre zum Wachpersonal des
US-Flughafens Ramstein, auch bei ihm wurde eine Maschinenpistole gefunden.
Ide ist Frank-Rennicke-Fan, seine Wohnung ist ein einziger Hort von SS- und
NS-Devotionalien. Seine beiden Katzen tragen die Namen germanischcr Götter.
- Hans Bierwirth und Gerhard Orschel sind Hertlein treu ergeben.
Orschel schmiedet in seiner Freizeit Runen für die Kameraden.
Die meisten der "Stahlhelm"-Mitglieder haben Kontakt zur NPD oder zu
den "Republikanern". Wie ein ehemaliges langjähriges
"Stahlhelm" Mitglied dem ZDF-Magazin Kennzeichen-D berichtete, sollen
viele in der Truppe eine Maschinenpistole besitzen.
Die Hausdurchsuchengen der Polizei bei "Stahlhelm"-Mitgliedern 1997
und 1998 fanden im Abstand von drei Monaten statt; Zeit genug um die Waffen aus
dem Weg zu schaffen. Das räumt auch die Staatsanwaltschaft Kaiserslautern
inzwischen ein.
Waffen spielen eine große Rolle beim "Stahlhelm", auch wenn
Hans-Jürgen Hertlein immer wieder auf die Bezeichnung
"Militärhistorischer Verein" verweist.
Der ehemalige Landesführer des "Stahlhelm"-Landesverband Saarland,
Wolfgang Fritschi verbüßt eine lebenslange Haftstrafe, weil er 1996 seine
ehemalige Lebensgefährtin mit einer großkalibrigen Waffe auf offener Straße
hingerichtet hatte.
Zum "Stahlhelm"-Pfalz gehören auch der ehemalige Leiter einer
Zollamtsstelle in Kaiserslautern, Paul Schilling und der Rechtsanwalt
Armin Stenger.
Peter Morawski aus Limbach, genannt "Nazi-Peter" ist Mitglied
beim "Stahlhelm"-Landesverband Saarland. Auf seinem Grundstück,
getarnt hinter großen Bienenstökken, sollen weitere Treffen der braunen
Militaristen stattfinden.
Obwohl der Ortsverband des "Stahlhelm" in Bad Bergzabern bereits 1966
vom rheinland-pfälzischen Innenministerium verboten wurde und auch der jetzige
Ministerpräsident Kurt Beck sich noch als Abgeordneter 1979 gegen das Treiben
der braunen Truppe in seinem Wahlkreis eingesetzt hatten, konnten Hertlein und
Kameraden ungestört junge Mitglieder werben.
Das Haus am Potzberg gerät immer mehr als mögliches neues Nazi-Zentrum in die
Schlagzeilen. In der Silvesternacht 1998 ballerten Mitglieder wild auf ein
Autowrack; jüngere Mitglieder treiben nach Polizeiangaben Wehrsport und wenn
Sonnwendfeiern oder andere gesellige Veranstaltungen anstehen, stehen nach
Angaben von Anwohnern Wachen vor dem Haus. Besonderes Interesse soll es auch für
die verschütteten Stolleneingänge eines stillgelegten Bergwerkes gleich neben
dem "Haus der Bewegung" gegeben haben.
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